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Wir dokumentieren eine kleine Anfrage der PDS Bundestagsfraktion und die Antwort des Bundesministeriums des Innern zum »Stahlhelm-Kampfbund für Europa«

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau und der Fraktion der PDS vom 12.07.1999
Antwort des Bundesministerium des Innern vom 06.08.1999 BT-Drucksache 14/1446

Der »Stahlhelm-Kampfbund für Europa« und der Rechtsextremismus

Der »Stahlhelm« wurde 1918 gegründet und war in der Weimarer Republik die bedeutendste militaristische Vereinigung. 1933 wurde der »Stahlhelm« in die faschistische SA eingegliedert und 1935 formell aufgelöst.

In der Bundesrepublik Deutschland erfolgte Anfang der 50er Jahre seine Wiedergründung als eingetragener Verein. Geistig dominiert in diesem Verein eine einseitig nationalistische und militaristische Verherrlichung der deutschen Geschichte. Programmatische Positionen und Grundlagen sind vorrangig:

- Leugnung der deutschen Schuld am ersten und zweiten Weltkrieg
- Forderung nach Wiederherstellung eines Großdeutschen Reiches
- Durchsetzung einer deutschen Hegemonie in Europa
- Rassismus.

Im niedersächsischen Jork befindet sich das zentrale Schulungszentrum vom »Stahlhelm«. Es ist benannt nach Franz Seldte, dem Gründer des »Stahlhelms« und dem späteren Reichsarbeitsministers des NS-Regimes.

Im November 1997 gründete der »Stahlhelm« einen Landesverband in Flandern (vgl. Rundschreiben 11./97 des Landesverbandes Niedersachsen des »Stahlhelms« vom 03. Oktober 1997).

Der »Stahlhelm« wird im Verfassungsschutzbericht des Landes Niedersachsen für das Jahr 1998 erwähnt.

Im März 1998 kam es in Rheinland-Pfalz zu umfangreichen Waffenfunden in rechtsorientierten Kreisen, darunter bei Mitgliedern des »Stahlhelms«.

In einer gemeinsamen Presseerklärung des Polizeipräsidenten Westpfalz und zweier Staatsanwaltschaften hieß es hierzu: »...In diesem Zusammenhang hatte die Polizei in der Vergangenheit 14 Hausdurchsuchungen durchgeführt und beweiserhebliches Material sicherstellen können. Gegen die 'Waffeninteressenten' im Alter zwischen 19 und 62 Jahren wird wegen Verdachtes eines Verstoßes gegen das Waffengesetz, Sprengstoffgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Sie gehören überwiegend der Organisation 'Stahlhelm', einem Verein mit militaristischer Traditionspflege an« (zitiert nach dem Flugblatt »Vorsicht! Neofaschistische Nachbarn« der VVN-BdA Kreisvereinigung Stade).

Der »Stahlhelm« unterhält enge Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen. Im Mittelpunkt des »Stahlhelms« wird fast ausschließlich für neofaschistische Organisationen, Zeitschriften und Buchdienste geworben. Die Verbindungen zur NPD sind beim »Stahlhelm« in Rheinland-Pfalz besonders eng

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verfassungsschutzrelevante Kenntnis hat die Bundesregierung über den »Stahlhelm-Kampfbund für Europa«?

Antwort des Bundesministeriums des Innern (BMI): »Der Stahlhelm e.V. - Bund der Frontsoldaten - Kampfbund für Europa« ist eine rechtsextremistische Gruppierung, deren ideologische Ausrichtung insbesondere von nationalistisch-völkischem, antisemitischem und revisionistischem Gedankengut geprägt ist. Oberstes Ziel ist und bleibt nach eigenen Angaben die Wiederherstellung des Deutschen Reichs. Im Vordergrund der im wesentlichen nach innen gerichteten Aktivitäten stehen soldatisch-kameradschaftliche Brauchtumspflege, militaristische und kriegsverherrlichende Aktionen und das Eintreten für deutsches Soldatentum.

2.Wieviele Mitglieder hat der »Stahlhelm«?

Antwort des BMI: Die Zahl der deutschen »Stahlhelm«-Mitglieder beträgt über 100. Dem belgischen »Landesverband Flandern« gehören einige Dutzend Mitglieder an.

3. Welche Verbindungen bestehen zu rechtsextremistischen Parteien und Gruppierungen in der Bundesrepublik Deutschland?

Antwort des BMI: Verbindungen einzelner Mitglieder des »Stahlhelm« bestehen im wesentlichen zur NPD.

4. Welche Waffen wurden wann bei Mitgliedern des »Stahlhelms« gefunden, und woher stammen diese nach Kenntnis der Bundesregierung?

Antwort des BMI: Bei Mitgliedern des »Stahlhelm e.V.« wurden nach Kenntnis der Bundesregierung lediglich im Zuge der angesprochenen Durchsuchungen am 12.01.1998 und am 03.03.1998 Waffen gefunden. Das Ursprungsverfahren wurde wegen Verdachts des Verstoßes gegen das Waffengesetz gegen den Beschaffer der Waffen geführt. Dieser hatte sogenannte Dekowaffen aufgekauft, sie zu funktionstüchtigen Waffen umgebaut und weitervertrieben.

Von den genannten Durchsuchungen waren vier Mitglieder sowie ein ehemaliges Mitglied des »Stahlhelm e.V.« betroffen.

Neben verschiedenen Waffen, die sich legal im Besitz der Betroffenen befanden, wurde im einzelnen folgendes aufgefunden:

- Kriegswaffen: Eine MP 5, eine MP M 25, zwei MP 40, zwei MP Skorpion; eine Panzergranate
- Langwaffen: Ein Gewehr, zwei Karabiner.
- Kurzwaffen: zwei Pistolen.
Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV):
- ein selbstgebauter Wurfkörper mit Reißzünder, eine selbstgebaute Mine mit Treibladungspulver.
- Sonstiges: Waffenteile, große Mengen Munition, große Mengen Treibladungs- und Schwarzpulver.

Bei den genannten Schußwaffen handelt es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um ehemalige Dekowaffen, die durch den eingangs erwähnten Beschuldigten umgebaut wurden.

a.: Stammten Teile dieser Waffen aus Beständen der Bundeswehr und wenn ja, wie viele (bitte nach Typ und Anzahl auflisten)?

Antwort des BMI: Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

b.: Wie viele verfassungsschutzrelevante Ermittlungsverfahren wurden gegen Mitglieder des »Stahlhelms« wegen welcher Straftatsbestände eingeleitet und sind diese Verfahren mittlerweile abgeschlossen?

Antwort des BMI: Gegen die oben genannten Mitglieder des »Stahlhelm e.V.« wurden jeweils Einzelverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz eröffnet. Die Verfahrensausgänge sind der Bundesregierung nicht bekannt.

Weiterhin hat die Bundesregierung Kenntnis über folgende Ermittlungsverfahren gegen Mitglieder des »Stahlhelm e.V.«:

- Landfriedensbrüche:
Zwei Beschuldigte zum selben Ermittlungsverfahren; Ausgang unbekannt.
- Körperverletzungen:
Zwei Ermittlungsverfahren; Ausgang: verweis auf Weg der Privatklage bzw. Ausgang unbekannt.
- Schwerer Hausfriedensbruch:
Ein Ermittlungsverfahren in Tateinheit mit der Bedrohung u.a., Ausgang: Einstellung durch Staatsanwaltschaft gem. § 170 II StPO.

vor dem Franz-Seldte-Haus, Jork-Klein Hove

- Sachbeschädigung:
Ein Ermittlungsverfahren, eingestellt gem. § 153 a StPO.
- Verstoß gegen das Waffengesetz und Kriegswaffenkontrollgesetz:
Ein Ermittlungsverfahren wegen angeblicher Durchführung einer Wehrsportübung mit Karabiner und scharfer Munition. Bei einer Durchsuchung konnten keine Waffen oder sonstige Beweismittel aufgefunden werden. Das Verfahren wurde gemäß § 170 II StPO durch die Staatsanwaltschaft eingestellt.

- Verstoß gegen die 1. Verordnung zum Sprengstoffgesetz (1.SprengV):
Ein Ermittlungsverfahren, eingestellt gemäß § 170 II StPO.
- Verstöße gegen das Versammlungsgesetz:
Zwei Ermittlungsverfahren, Ausgang jeweils unbekannt; Gegenstand eines dieser Verfahren war die Abhaltung eines militärisch aufgemachten Übungscamps durch 15 Personen in einem privaten Waldgelände. Waffen wurden hier nicht festgestellt.

- Propagandadelikte:
Vier Ermittlungsverfahren nach § 86 a StGB, in einem Fall zusammen mit § 130 StGB (eingestellt durch die Staatsanwaltschaft), in einem Fall zusammen mit § 86 StGB; Ausgang jeweils unbekannt.

5.: Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob der »Stahlhelm« oder die Mitglieder des »Stahlhelms« Wehrsportübungen durchführen? Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber?

Antwort des BMI: Der »Stahlhelm« führt regelmäßig wehrsportähnliche Übungen durch. Nach bestandener Prüfung wird ein »Stahlhelm-Wehrsportkreuz« verliehen.

6.: Hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung der »Stahlhelm« an Demonstrationen gegen die Ausstellung »Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht« beteiligt? Wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung darüber?

Antwort des BMI: Mitglieder des »Stahlhelm« haben u. a. an Demonstrationen gegen die Ausstellung in München am 01.03.1997, in Bonn am 24.10.1998, in Kiel am 30.01.1999 und in Saarbrücken am 20.02.1999 teilgenommen.

Die Landesverbände Pfalz und Saar beteiligen sich zudem an einem Aktionsbündnis gegen die Ausstellung.

7.: Welche verfassungsschutzrelevanten Aktivitäten gehen vom »Franz Seldte Haus« in Jork und von der vom »Stahlhelm« unterhaltenen Gaststätte in Rheinland-Pfalz aus? Werden die Räumlichkeiten von anderen Gruppen mitgenutzt und wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung hierüber?

Antwort des BMI: Das »Franz Seldte Haus« in Jork (Niedersachsen) fungiert als zentrale Anlaufstelle u. a. für den Bundesverband, die Redaktion der Zeitschrift »Der Stahlhelm«, den Devotionalienverband »Der Stahlhof« sowie für Veranstaltungen insbesondere der norddeutschen Organisationseinheiten.

Das »Pfälzer Stahlhelmheim« dient insbesondere als Treffpunkt für Veranstaltungen von Organisationseinheiten des »Stahlhelm« aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland.

Über die Nutzung der Räumlichkeit durch andere Gruppierungen liegen keine konkreten Erkenntnisse vor.

8.: Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung über internationale Verbindungen des »Stahlhelm«?

Antwort des BMI: Der »Stahlhelm« unterhält intensive Verbindungen nach Belgien.

9.: Welche verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Gründung und Aktivitäten des Landesverbandes Flandern des »Stahlhelm«?

Antwort des BMI: Dort wurden ab 1997 wieder verstärkte Aktivitäten festgestellt. Es finden gegenseitige Besuche der belgischen und deutschen »Stahlhelm«-Mitglieder statt. Der Landesverband Flandern richtet die »Stahlhelm«-üblichen Veranstaltungen aus wie Mitgliederversammlungen und -appelle, Sonnenwendfeiern etc.. In der Zeitschrift »Der Stahlhelm« werden regelmäßig Beiträge in flämischer Sprache veröffentlicht.

10.: Unterhielt der »Stahlhelm« in den letzten 10 Jahren Kontakte zur Bundeswehr und verfassungsschutzrelevante Kontakte zu Vereinigungen, die der Bundeswehr nahestehen, und wenn ja, welche (bitte genau Jahr und Art der Kontakte auflisten)?

Antwort des BMI: Kontakte des Vereins im Sinne der Anfrage sind nicht bekannt. Von einer Veranstaltung der Bundeswehr im November 1998 wurde der Vorsitzende des »Stahlhelm e.V.« auf Empfehlung des Militärischen Abschirmdienstes ausgeladen.

11.: Hat die Bundesregierung Kenntnis über eine eventuelle Kinder- und Jugendarbeit des »Stahlhelm«, und wenn ja, über welche Kenntnise verfügt die Bundesregierung?

Antwort des BMI: Zuständig für die Kinder- und Jugendarbeit im »Stahlhelm« ist der »Bundesjugendführer«. Laut Vereinsorgan »Der Stahlhelm« gehören Mitglieder unter 30 Jahren dem »Jungstahlhelm« an; für die unter 16-jährigen ist der »Scharnhorstbund« und für Kinder bis etwa 12 Jahren ist der »Spielkreis« vorgesehen.

12.: Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über politisch motivierte Strafverfahren oder Strafverfahren wegen Gewaltdelikten gegen Mitglieder des »Stahlhelm«?

Antwort des BMI: Auf die Antwort zu Frage 4 b wird verwiesen.

13.: Warum wird der »Stahlhelm« nicht im Verfassungsschutzbericht des Bundes aufgeführt?

Antwort des BMI: Die Öffentlichkeit wird im Verfassungsschutzbericht des Bundes über wesentliche Erscheinungsformen, Organisationen, Bestrebungen, Kampagnen und Aktivitäten des politischen Extremismus mit bundesweiter Bedeutung informiert. Soweit Gruppen regionale Bedeutung haben, wird dies in den Verfassungsschutzberichten der Länder dargestellt, wie hinsichtlich der »Stahlhelm«-Aktivitäten z. B. in dem Bericht des Landes Niedersachsen von 1997, S. 73 und im Bericht des Landes Rheinland-Pfalz von 1998, S. 78.

14.: Wann wurde zum letzten Mal der »Stahlhelm« im Verfassungsschutzbericht des Bundes erwähnt?

Antwort des BMI: Der »Stahlhelm« wurde letztmalig im Verfassungsschutzbericht des Bundes für das Jahr 1975 auf Seite 28 erwähnt.


Weitere Infos:

Der Stahlhelm - Kampfbund für Europa
Wehrsportkreuze und Führernachwuchs - das »Franz-Seldte-Haus« des »Stahlhelms«
Stellungnahme zu »Stahlhelm-Anfragen«
Neofaschistischer »Der Stahlhelm e.V.« selbst aufgelöst!

»Der Stahlhelm« im Informationsdienst gegen Rechtsextremismus IDGR Logo