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Der Heisenhof in Dörverden


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© VVN-BdA Stade 2004


Der Kauf wurde in aller Stille abgewickelt. Bei einer Versteigerung in Berlin erwarb die ominöse »Wilhelm-Tietjen-Stiftung« mit Sitz in London im April 2004 ein 26 000 Quadratmeter großes Gelände um ein ehemaliges Bundeswehr-Offiziersheim bei Dörverden zwischen den niedersächsischen Kleinstädten Verden/Aller und Nienburg/Weser. Eine Lokalzeitung fand heraus, wer hinter der Stiftung mit Sitz in London steckt: Jürgen Rieger, wegen Volksverhetzung verurteilter Rechtsanwalt in Hamburg und einer der wichtigsten Drahtzieher des Rechtsextremismus, u. a. als Organisator des »Rudolf-Heß-Gedenkmarsches« in Wunsiedel.

Der Heisenhof (Foto: Radio Bremen) Der 57-Jährige ist nicht zum ersten Mal in Immobiliengeschäften unterwegs: Bereits 1978 war er beteiligt am Kauf einer Liegenschaft in Hetendorf bei Celle. Die dort ab 1991 abgehaltene »Hetendorfer Tagungswoche« war bis zu ihrem Verbot 1998 einer der bedeutendsten Treffpunkte von Neonazis.

1995 kaufte Rieger einem Herrenhof im schwedischen Sveneby. Geplant war dort ein germanisches Kollektiv von 18 jungen arischen Paaren für ökologischen Landbau. Stilgerecht wurde der Acker nicht mit einem Traktor sondern mit einem gepanzerten Mannschaftswagen gepflügt. Rieger erhielt für sein Projekt Zuschüsse aus EU-Fördertöpfen. Doch das Vorhaben scheiterte, offenbar auch, weil sich nicht genügend Arier fanden, die Deutschland verlassen und sich für einige zehntausend Euro in das Kollektiv einkaufen wollten. Im November 2003 verhandelte Rieger mit den Neonazis der »Svensk Modstandsbevægelse«, der Schwedischen Widerstandsbewegung, über eine Beteiligung an dem Anwesen in Sveneby. Das rief Widerstand auf den Plan: Am 7. Dezember brannte eines der Gebäude nieder.

Jürgen Rieger auf dem Heisenhof (Foto: Radio Bremen)In seiner Neuerwerbung in Dörverden, dem so genannten Heisenhof, soll über Befruchtung geforscht und kinderlosen Ehepaaren zu Kindern verholfen werden, erklärte Rieger den Verdener Nachrichten. Rieger hat sich längst als »Rasseforscher« hervorgetan, unter anderem als Vorsitzender der »Gesellschaft für biologische Anthropologie, Eugenik und Verhaltensforschung« und Leiter der neuheidnischen »Artgemeinschaft«, deren Kultstätte der von Himmler aus 4500 Findlingen errichtete »Sachsenhain« im Zentrum von Verden ist. Politische Veranstaltungen seien in Dörverden nicht geplant, ließ Rieger wissen; dafür sei ein von ihm 1999 erworbenes Kino in Hameln besser geeignet.

Aufgeschreckt durch die Entdeckung der Lokalzeitung formiert sich in der Region parteiübergreifender Widerstand. »Uns bereitet natürlich Sorgen, dass das Image Dörverdens leiden könnte«, erklärt Bürgermeister Rainer Herbst. »Die Rechtsextremen rüsten auf und nisten sich in Niedersachsen ein. Offenbar gibt es den Plan, sich gezielt in dieser Region zu verankern«, befürchtet die Landesvorsitzende der Grünen, Brigitte Pothmer. Vor allem die Jugendorganisation der NPD »Junge Nationaldemokraten« ist in der Region sehr aktiv. Mit Rückendeckung durch Rieger könnte aus Dörverden ein neues Hetendorf werden.

Riegers Fahrzeuge werden bewegt (Foto: Radio Bremen) Vor dem Heisenhof fährt ein Tieflader vor. Jürgen Rieger richtet sich ein und bringt seine Sammlung von Wehrmachts- und anderen Militärfahrzeugen im Heisenhof unter. Neonazis in Tarnanzügen patrouillierten mit Hunden. Kurz nachdem im August bekannt geworden war, dass Rieger seine Fahrzeug-Sammlung in einer Scheune in Stemmen (Landkreis Rotenburg/Wümme) untergestellt hatte, wurde das Nachbarhaus angezündet. Die Website des NPD-Stützpunktes Stade sah darin einen Anschlag namentlich benannter Antifaschisten gegen Rieger und klagte über »progromartige Exzesse gegen die nationale Opposition«.

Patrouille am Heisenhof (Foto: Radio Bremen) Die Wachmannschaft am Heisenhof stellen die Aktivisten der so genannten »Schuloffensive«. Sie hatten zwischen November 2003 und Mai 2004 an 18 Schulen im Bremer Umland Propagandamaterial verteilt und im April in Verden eine Veranstaltung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft GEW gestürmt, die über die »Schuloffensive« informieren wollte. Ein Anführer dieses »Bildungseinsatzkommandos« der NPD wohnt inzwischen im Heisenhof.

Als Reaktion auf Riegers Umtriebe fand am 25. September in der Stadthalle von Verden ein Konzert »Aufmucken gegen Rechts« statt, an dem etwa 500 Menschen teilnahmen. »Am 25. September soll nun in der Verdener Stadthalle die neue antifaschistische Volksfront von Verfassungsschmutz, GEW-Grufties, Antifa-Kriminellen und "Direktor" Axel Rott gefeiert werden. Motto: Aufmucken gegen Rechts. - Wir werden uns das mal anschauen!«, hatte der stellvertretende Vorsitzende der NPD Niedersachsen Adolf Dammann angekündigt. Bisher war sein Anwesen in Bargstedt Treffpunkt der Neonazis aus dem Elbe/Weser-Raum. Entgegen seiner vollmundigen Ankündigung ließ sich Dammann nicht an der Verdener Stadthalle blicken. Lediglich zwei Neonazis wurden gesichtet, von denen einer aus einem fahrenden Auto heraus einen Hammer hoch hielt, woraufhin er von der Staatsschutz-Abteilung der Polizei gestellt wurde. Auch rund um Riegers Anwesen blieb an diesem Abend alles ruhig.


Eine Sammlung von Presseveröffentlichungen zum Heisenhof findet sich auf der Website der SPD Dörverden. Link