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Stade, den 9.12.1999

Entschädigung von Zwangsarbeitern im LK Stade

Sehr geehrte Damen und Herren!

Bundesweit erregen die Auseinandersetzungen um die Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern große Aufmerksamkeit. Im Landkreis Stade lebten schätzungsweise 7000 Personen, die zur Zwangsarbeit herangezogen wurden. Sie arbeiteten im Gewerbe und vor allem in der Landwirtschaft, aber auch im kommunalen Bereich. Das Arbeitsamt als öffentliche Institution regelte akribisch ihre Einsatzorte, die Ortsbauernschaft z.B. legte vor Ort die weitere Zuweisung auf die Höfe fest. In ihrer Eigenschaft als Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen erhielten sie von der Bundesrepublik Deutschland bisher keine Entschädigung für den entgangenen Lohn und das zugefügte Leid. In der aktuellen Diskussion wird von der Bundesregierung insbesondere die Entschädigung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern in der Landwirtschaft für nicht erforderlich angesehen, da das erlittene Schicksal als nicht entschädigungsrelevant angesehen wird.

Für die reibungslose administrative Abwicklung haben der damalige Regierungsbezirk Stade und der Landkreis Stade die stigmatisierenden Rahmenbedingungen geschaffen, so u.a. durch Polizeiverordnungen über die Kennzeichnung der Ostarbeiter vom 30.07.1943, über das Verbot der Fahrradbenutzung vom 02.11.1940 oder zur Regelung des Verhaltens der im Regierungsbezirk Stade eingesetzten Zivilarbeiter und -arbeiterinnen polnischen Ursprungs vom 10.04.1940. Ein besonders unrühmliches Kapitel stellen die Ankündigungen zur Schaffung von Kleinkinder-Betreuungsstätten für Fremdvölkische durch den damaligen Landrat vom 2.6.43 und 07.09.43 dar. Ihr lagen Beschwerden aus der Landwirtschaft über eine mangelnde Arbeitsleistung junger Mütter zugrunde. Die zentrale Aufsicht führte ein Kreisangestellter in der Abteilung Pflegstätten für "fremdvölkische" Kinder. In den "fremdvölkischen Kinderheimen" wurden auch Zwangsarbeiterinnen beschäftigt. Die genaue Zahl der umgekommenen Säuglinge in Balje, Drochtersen-Nindorf, Jork und Klein-Fredenbeck ist noch unbekannt, aber allein in Nindorf starben 23 Kinder.

Der Landkreis Stade hat sich seiner geschichtlichen und moralischen Verantwortung zu stellen und sich für eine angemessene Entschädigung aller Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen einzusetzen. Wir bitten Sie daher, im Kreistag einen diesbezüglichen Antrag zu stellen.

Der Kreistag möge beschließen:

1. Der Landkreis Stade beteiligt sich an den Bemühungen, den Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern des NS-Regimes schnellstmöglich eine gerechte Entschädigung für ihre leidvolle Zeit in deutschen Betrieben und in der deutschen Landwirtschaft für schwere Zwangsarbeit zukommen zu lassen.

2. Der LK Stade unterstützt die Gründung einer Bundesstiftung "Entschädigung für Zwangsarbeit".

3. Der LK Stade wird zu diesem Zweck eine Liste der landwirtschaftlichen und gewerblichen Betriebe sowie der öffentlichen Einrichtungen, die auf dem heutigen Kreisgebiet Zwangsarbeiter ausbeuteten, vorlegen. Sie wird ferner alle noch lebenden Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeit dieser Betriebe namhaft machen, um ihnen somit ihre Entschädigung zu ermöglichen. Sie wird insbesondere die ehemals bei öffentlichen Einrichtungen beschäftigten Zwangsarbeiter und die Eltern der in den vom Landkreis Stade betriebenen Pflegestätten zu Tode gebrachten Säuglinge ausfindig machen, um sie schnellstens und unbürokratisch zu entschädigen.

4. Der LK Stade wird die Umsetzung dieser Beschlüsse dokumentieren und in das vom Kreis geförderte Projekt "Alltag im Nationalsozialismus" einfließen lassen.

Ihnen für Ihre Bemühungen dankend verbleiben wir

mit freundlichen Grüßen

Bodo Koppe
i.A. des Sprecherkreises der VVN-BdA

Weitere Infos:

»Entbindungsstätten für Zwangsarbeiterinnen« und »fremdvölkische Kinderheime«